
Neue HWWI-Konjunkturprognose
Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal dieses Jahres überraschend deutlich gewachsen, um 0,4 %. Da einige Sondereffekte diese Entwicklung begünstigten, dürfte das zweite Quartal eher schwächer ausfallen. Inzwischen ist eine neue Regierung im Amt. Die Union hatte umfassende Wirtschaftsreformen angekündigt. Es bleibt aber abzuwarten, inwieweit in der Koalition mit der SPD angesichts teils unterschiedlicher wirtschaftspolitischer Vorstellungen die erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Standortbedingungen umgesetzt werden können. Bei klaren Reformbeschlüssen dürfte die bisherige Zurückhaltung insbesondere bei Investoren schwinden. Die neue Koalitionsregierung hat zudem schon vor Amtsantritt die Verschuldungsmöglichkeiten für die Bereiche Infrastruktur und Verteidigung stark erweitert. Dies wird künftig für Konjunkturimpulse sorgen. Kurzfristig gibt es aber auch noch dämpfende Einflüsse. Zu den geopolitischen Unsicherheiten kommt die unberechenbare Handelspolitik der neuen US-Administration hinzu; auch auf deutsche Exporte in die USA wurden Zölle erhöht bzw. eingeführt, weitere drohen. Das mindert die für den weiteren Jahresverlauf erwartete Wiederbelebung der Wirtschaft. Das HWWI rechnet für 2025 im Jahresdurchschnitt, nicht zuletzt wegen des negativen Überhangs aus dem Jahr 2024, mit einem Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts um 0,2 %. Unter der Annahme, dass die neue Regierung rasch wichtige wirtschaftliche Reformen umsetzt, zusätzliche Ausgaben in Infrastruktur und Verteidigung anlaufen sowie weiterer Lockerung der Geldpolitik ist für 2026 ein Wirtschaftswachstum von 1 ½ % möglich.
Die Inflationsrate für die Verbraucherpreise hat im April und Mai mit 2,1 % fast wieder die Stabilitätsmarke von 2 % erreicht. Die deutlich gestiegenen Arbeitskosten halten die sog. Kernrate – zuletzt rund 2 ¾ % – jedoch noch höher. Im weiteren Verlauf dürfte aber mit moderateren Lohnabschlüssen der Inflationsdruck weiter nachlassen und sich die Inflationsrate bei 2 % stabilisieren.
Nicht nur wegen der geopolitischen Unsicherheiten und der erratischen US-Zollpolitik bleiben die Risiken für diese Prognose hoch. Die von der neuen Regierung erwartete wirtschaftspolitische Wende steht noch an und je weniger konsequent Reformen zur Verbesserung der Standortbedingungen durchgeführt werden, desto beschränkter sind die Wachstumschancen.
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