Diese Studie stellt eine neue Methode vor, um sich wandelnde thematische Prioritäten in textbasierten Konjunkturberichten aufzudecken und diese mit makroökonomischen Schwankungen zu verknüpfen. Zu diesem Zweck nutze ich qualitative Konjunkturprognosen führender deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute aus den Jahren 1970 bis 2017, um die Anteile latenter Themen zu schätzen. Diese Themen werden anschließend mithilfe eines überwachten Verfahrens zu breiteren makroökonomischen Themenfeldern aggregiert. Durch die Extraktion der zyklischen Komponenten dieser Themenanteile leite ich dynamische Maße für die thematischen Prioritäten der Prognostiker ab.

Die Korrelation der zyklischen Komponenten mit zentralen makroökonomischen Indikatoren zeigt konsistente Muster über Auf- und Abschwungphasen hinweg. Rund um Konjunkturhochs legen Prognostiker einen stärkeren Fokus auf inflations- als auf rezessionsbezogene Themen. Ich schlage daher vor, dass das Scheitern der Prognostiker bei der Vorhersage von Rezessionen auf eine tendenzielle Unterschätzung von Wachstums- und Überschätzung von Inflationsrisiken in Phasen restriktiver Geldpolitik zurückzuführen sein könnte. Rund um konjunkturelle Tiefpunkte priorisieren Prognostiker investitionsbezogene Themen gegenüber allgemeinen Wachstumsüberlegungen.